Vogelzug
Vogelzug über dem offenen Meer (BIRDMOVE)
Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“
Die deutschen Meeresgebiete werden regelmäßig in großer Zahl von Landvögeln auf ihren Wanderungen zwischen den Brutgebieten und den Rast- und Überwinterungsgebieten überflogen. Das Spektrum der beteiligten Arten reicht von kleinsten Singvögeln bis hin zu Großvögeln wie Gänsen und Kranichen. Während generelle Zugwege und Zeiten für viele Arten gut beschrieben sind, weiß man erstaunlich wenig über individuelle Bewegungen einzelner Vögel. Warum entscheidet sich beispielsweise eine Mönchsgrasmücke, den direkten Weg über das offene Meer zu nehmen, während ein anderer Artgenosse lieber an der Küstenlinie entlang zieht? Diese offenen Fragen bestehen insbesondere bei hauptsächlich nachts ziehenden Singvögeln, die zu klein und zu leicht sind, um mit GPS-Sendern ausgestattet zu werden.
Im Projekt BIRDMOVE wird ein Netzwerk von automatischen Empfangsstationen im Bereich der Deutschen Bucht (www.motus.org) in Kombination mit ca. 0,25 Gramm leichten Radiotelemetrie-Sendern genutzt. Diese Sender, von den Vögeln als Rucksack getragen, können von den Empfangsstationen geortet werden. Die Antennen auf den beiden Forschungsplattformen FINO1 und FINO3 sind dabei eine wichtige Ergänzung des Netzwerks an der Küste. Mit Hilfe des Netzwerks können individuelle Bewegungsmuster kleiner Singvögel im Bereich der Deutschen Bucht erstmals mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung nachgezeichnet werden.
Das Bundesamt für Naturschutz fördert das Vorhaben mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt.
Vorgehen & Ziele
Verschiedene Singvogelarten werden mit miniaturisierten Radiotelemetriesendern ausgestattet. Diese senden im Abstand weniger Sekunden ein codiertes Signal, welches jedem Sender individuell zugeordnet werden kann. Das Signal selbst ist sehr schwach (zum Vergleich: Die Sendeleistung eines Mobiltelefons ist 500 Mal so hoch), reicht aber aus, um von den Antennen über mehrere Kilometer hinweg aufgezeichnet zu werden. Die für die Studie ausgewählten Vögel gehören zu den Mittel- und Langstreckenziehern. Mittelstreckenzieher sind z.B. Amsel, Rotkehlchen und Singdrossel. Sie ziehen über die Deutsche Bucht und verbringen den Winter in Europa. Die Langstreckenzieher, z.B. Trauerschnäpper, Gartenrotschwanz und Dorngrasmücke, überwintern südlich der Sahara.
Ziel des Projektes ist es, ein genaueres Bild über die individuellen Umstände, beispielsweise die Körperkondition eines Vogels, und äußeren Bedingungen, wie z. B. das Wetter, zu gewinnen, die an individuelle Routenentscheidungen geknüpft sind. In Anbetracht der zahlreichen Offshore-Windparks, die in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone bereits betrieben werden und noch entstehen sollen, bietet die Studie weiter die Möglichkeit, das Gefährdungspotenzial dieser neuen Strukturen für nachts ziehende Singvögel besser abzuschätzen. So kann die naturschutzfachliche Bewertung möglicher Effekte von Offshore-Windparks weiter verbessert werden.